Ab in den Reiturlaub

…aber was tun, wenn’s schiefläuft?

 

Für viele von uns gibt es kaum etwas Schöneres, als mit unseren Pferden zu verreisen, was derzeit Dank sinkender Corona-Zahlen und steigenden Durchimpfungsraten auch nahezu uneingeschränkt wieder möglich ist. Angebote für Urlaub mit dem eigenen Pferd gibt es mittlerweile im In- und Ausland zu Genüge. Leider kommt es immer wieder vor, dass Beschreibungen auf Websites und Prospekten nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, was die Urlaubsfreude schnell zunichtemachen kann. Ein praxisnahes Beispiel:

 

Vorfreude

Sabrina hat für sich und ihre beiden Männer – Robert (Reitanfänger) und Sunbeam (ausgebildeter Reining-Crack) – einen Sommerurlaub auf der Hasta la vista-Ranch geplant. Auf der Website des Urlaubsresorts werden Außenboxen mit individuell zusammenstellbarem Futter, täglichem Koppelgang und die Anbindung an das knapp 700 Kilometer lange Wanderreitnetz angepriesen. Zusätzlich kann man Anfänger-, Wanderreit – und Reiningkurse mit externen Trainern buchen. Sabrina und Robert sind begeistert. Nachdem telefonisch abgeklärt wurde, dass die Zimmer den „aktuellen Standards“ entsprechen, buchen die drei einen zweiwöchigen Urlaub samt Einsteigerkurs für Robert und einen Reining-Spezialkurs für Sabrina und Sunbeam. Die Chefin des Hauses bestätigt die Buchung umgehend per E-Mail.

 

Der sichere Weg in den Urlaub

Vor der Abfahrt in den heiß ersehnten Reiturlaub gibt es Einiges zu bedenken und vorzubereiten: Damit am Tag der Abreise alles entspannt läuft, steht Sunbeam schon ein paar Wochen vorher am, im und um den Hänger herum. Wichtig ist auch, dass Hänger und Zugfahrzeug ein „Pickerl“ haben und sicher sind; ein gründlicher Check (Reifen, Handbremse, Beleuchtung, Anhängerboden, etc) ist unerlässlich. Da der Pferdetransport auch bei bester Vorbereitung immer eine gefahrenbehaftete Angelegenheit bleibt, entscheiden sich Sabrina und Robert dazu, eine Pferdetransportversicherung abzuschließen, um im Falle eines selbstverschuldeten Unfalls abgesichert zu sein. Die drei kommen nach guten sechs Stunden (mit ausreichend Pausen) endlich auf der Hasta la vista-Ranch an.

 

Doppelbuchung

Bei der Ankunft stellt sich allerdings heraus, dass die versprochene AUßenbox bereits belegt ist und nur noch behelfsmäßig eine kleine Notfallbox im Stallinneren freigemacht werden kann. Für Sunbeam, der die letzten Jahre mit seinen Koppelkollegen in Freilandhaltung verbracht hat, wird der Aufenthalt allein in der kleinen Innenbox vorhersehbar zum Stresstest.

 

Futterengpass

Zudem ist auch die angepriesene Futterauswahl für Sunbeam nicht vorhanden, da aufgrund der Buchungsauslastung das Kraftfutter schneller als erwartet ausgegangen und die nächste Lieferung noch nicht in Sicht ist. Halb so wild, soll Sunbeam doch ohnehin den Großteil des Tages auf den „saftigen Weiden“ stehen, die die Website versprochen hat. Diese sind mittlerweile jedoch bereits abgegrast und aufgrund des ausbleibenden Regens auch knochentrocken. Bleibt also nur noch das Zufüttern mit Heu, was aufgrund von Sunbeams chronischen Atemproblemen (deshalb auch Außenbox und spezielle Futterauswahl) nicht unproblematisch ist.

 

Substandard-Zimmer

Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist klar, dass der Urlaub an der Kippe steht. Als auch noch das Zimmer so gar nicht den versprochenen Standards entspricht, wollen Sabrina und Robert sofort abreisen. Mit viel gutem Zureden der Chefin und Beteuerungen, die Probleme rasch zu beheben, bleiben die drei dennoch über Nacht.

 

Kursausfall

Am nächsten Tag sollen Sabrina, Robert und Sunbeam ihre Trainer für die gebuchten Reitkurse kennenlernen. Beim Frühstück erfahren Sie jedoch, dass sich das Reittrainerpärchen COVID-19-bedingt in Quarantäne befindet. Andere Trainer, mit denen man sonst auch zusammenarbeite, seien derzeit ausgebucht. Bleibt nur noch das Ausreiten. Sabrina hatte aber gehofft, dass sie dies mit Robert nach dem absolvierten Anfängerkurs gemeinsam tun kann. Sabrina und Robert ist endgültig die Lust vergangen und es bleibt nur noch die Abreise.

 

Welche rechtlichen Möglichkeiten haben die beiden jetzt?

Durch die Buchungsbestätigung der Chefin ist ein Urlaubsvertrag geschlossen worden, dessen Inhalt sich nach der Werbung im Internet und der weiteren Umschreibung in der Buchung richtet. Im gegenständlichen Beispiel umfasst dies sämtliche Einzelheiten, die genannt wurden.

 

Gewährleistung

Werden vereinbarte Urlaubsleistungen nicht erbracht, steht einem zunächst das Recht auf Gewährleistung zu und man sollte gleich vor Ort kostenlose Verbesserung verlangen. Zum einen möchte man schließlich seinen Urlaub wie geplant genießen und zum anderen ist es auch aus rechtlichen Gründen wichtig, vor Ort unverzüglich eine kostenlose Behebung des Mangels zu fordern (ob die Betreiberin der Ranch die Mängel verschuldet hat oder nicht, ist dabei irrelevant).

Ist eine Verbesserung nicht möglich, darf man vom Veranstalter eine Preisminderung verlangen oder, wenn die Mängel nicht nur geringfügiger Natur sind, auch gleich vom Vertrag zurücktreten und das Geld zurückverlangen. Ratsam ist es jedenfalls, für aufgetretene Mängel Beweise zu sichern, etwa durch Fotos und Videos, sowie Namen, Adressen und Telefonnummern von sonstigen Betroffenen aufzunehmen.

Als Zwischenergebnis halten wir fest, dass in unserem Beispiel tatsächlich keine der versprochenen Leistungen erfüllt wurden und die Mängel auch nicht verbessert werden konnten, weshalb Sabrina und Robert den Vertrag umgehend kündigen und abreisen können. Die Betreiberin der Ranch muss ihnen den bereits gezahlten Preis retournieren.

 

Schadenersatz

Wie aber sieht es mit den für den Urlaub bereits getätigten Aufwendungen, wie etwa Treibstoff, Transportversicherung udgl, also den finanziellen Schäden aus? Der Ersatz von Schäden setzt neben Schaden, Kausalität und Rechtswidrigkeit grundsätzlich auch ein schuldhaftes Verhalten des Schädigers voraus, vereinfacht gesagt – kein Verschulden, keine Haftung für Schäden. In unserem Beispiel spricht einiges dafür, dass die Betreiberin der Ranch hinsichtlich der Doppelbelegung und dem Futterengpass ein Organisationsverschulden trifft, während sie bei der Darstellung des Zimmers wohl bewusst unrichtige Angaben gemacht hat. Die Betreiberin hat somit die Kosten für die umsonst angetretene Reise (sog „frustrierte Aufwendungen“) schuldhaft verursacht und muss diese entsprechend auch ersetzen.

 

Sonderfall “entgangene Urlaubsfreude”

Bei der Frage nach dem Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude sollte man sich zunächst vor Augen halten, dass es sich dabei um einen immateriellen, also einen empfundenen, Schaden (im Gegensatz zur Tankrechnung, die sich nummerisch am Konto niederschlägt) handelt, der grundsätzlich nicht ersetzbar ist. Eine Ausnahme von dieser Regel stellt aber der Ersatz für entgangene Urlaubsfreuden bei Pauschalreisen nach dem Pauschalreisegesetz („PRG“) dar, wenn ein Reiseveranstalter Leistungen schlecht oder gar nicht erbringt, die er zugesagt hat.

Vorrausetzung für das Bestehen eines Anspruchs ist grundsätzlich, dass der Urlauber eine Kombination aus mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen bei dem Reiseveranstalter gebucht hat, also zB die Kombination aus Flug und Unterkunft oder aus Unterkunft und einem Mietauto.

Eine Pauschalreise liegt aber auch vor, wenn eine sonstige Reiseleistung mehr als 25 % des Gesamtbuchungswertes beträgt und die Reiseleistung gemeinsam im Rahmen eines Gesamt-/Pauschalangebotes, etwa mit der Unterbringung, angeboten wird. Damit könnte auch in unserem Beispiel eine Pauschalreise im Sinne des PRG vorliegen, sofern mit Sabrina und Robert für die Unterbringung und die Reitkurse mit externen Trainern ein „Gesamtpackage“ vereinbart wurde.

Die konkrete Anspruchshöhe hängt von mehreren Faktoren, wie Schwere der Beeinträchtigung oder Höhe des Reisepreises ab. Die Rechtsprechung gewährt meist zwischen EUR 20,00 und EUR 75,00 pro Urlaubstag.

 

Fazit

Missstände bei gebuchten Urlaubsreisen müssen keinesfalls akzeptiert werden. Grundsätzlich gilt alles, was auf Webseiten oder im Katalog angeboten wird, als zugesagte Eigenschaft, wofür der Anbieter einzustehen hat. Dies unabhängig davon, ob ihn ein Verschulden an den Mängeln trifft oder nicht. Empfehlenswert ist es jedenfalls, die aufgetretenen Mängel zu dokumentieren.

Ob auch Ersatz für die entgangene Urlaubsfreude geltend gemacht werden kann, hängt wesentlich davon ab, ob das gebuchte Angebot als Pauschalreise gesehen werden kann. Wie an unserem Beispiel ersichtlich, fallen darunter nicht nur die „klassischen“ Pauschalreisen, sondern unter Umständen eben auch der Reiturlaub mit Zusatzangebot.

 

Dieser Artikel ist in der Western News 3/2021 erschienen.